CLAUSzuGast bei der Münchner Bücherschau 2023
Im Rahmen der 64. Münchner Bücherschau – dieses Jahr im Haus der Kunst – waren unsere CLÄUS*INNEN eingeladen hinter die Kulissen der renommierten Buchausstellung zu sehen. Dafür standen Friederike Eickelschulte vom Börsenverein – Landesverband Bayern, zuständig für das Erwachsenen-Programm und das Gesamtprojektmanagement sowie Sonja Hahn von der Kommunikationsagentur ehrlich & anders GmbH, die für die Ausstellungsorganisation, den reibungslosen Ablauf vor Ort sowie die Lesungen verantwortlich war, zur Verfügung.
Um einen tieferen Einblick zu bekommen, setzten wir uns vor der Führung durch die Hallen der Münchner Bücherschau zuallererst mit Sonja Hahn und Friederike Eickelschulte bei Kaltgetränken, Kaffee und Gebäck in einem der Konferenzräume des Hauses der Kunst zusammen. Sonja Hahn zählte zuerst einmal die Hauptschritte auf, die bei der Organisation der Ausstellung und der Veranstaltungen anfallen: die Veranstaltungsplanung, die Akquise der Verlage für die Ausstellung sowie die konkrete Standplanung, die Werbemittel, sowie die nötige Technik für die Ausstellung und die Veranstaltungen.
Die Programmplanung beginnt für gewöhnlich im Februar, wenn die Buchverlage ihre Herbstprogramme rausbringen. Mai/Juni geht es dann an die Standanmeldung (Organisation / Preise / Check der Anmeldeformulare und Aktualisierung dieser). Juli / August startet die Erstellung des Programms (Texte, Header und runterkürzen auf die relevanten Informationen, inkl. mehrerer Korrekturschleifen). Die Flyer werden nach Fertigstellung an einen Verteiler von Buchhandlungen und Stadtbibliotheken versandt. Es folgt die Pressekonferenz Ende September/Anfang Oktober sowie der Start der Bewerbung einzelner Veranstaltung. Zur gleichen Zeit findet auch die Platzierungsplanung der Stände statt, die idealerweise Anfang Oktober finalisiert wird. Last but not least werden die Sonderausstellungen geplant. Das sind eigens geplante und gewünschte Ausstellungen, wie die Ausstellung der „100 Besten“ eine ganz besondere Auswahl von aktuellen Kinder- und Jugendbüchern, die aktuellen Bücher des Bayerischen Buchpreises und der Geschwister Scholl Preis Gewinner*innen der letzten Jahre und weitere.
In der Woche der Eröffnung geht es dann besonders heiß her. Die Bücher der teilnehmenden Verlage (Preise p. Stand und weitere Details können im Anmeldeformular nachgelesen werden) werden in doppelter Ausführung angeliefert und im Haus der Kunst den Regalen zugeordnet. Zwei bis drei Tage vor Eröffnung werden die Bücher dann aus den Kartons genommen und jeweils eine Ausführung in die Regale und eins ins Lager sortiert, denn – ob man es glaubt oder nicht – es kommt immer wieder einmal vor, dass Bücher aus den Regalen genommen und nicht wieder zurück gestellt werden …
Die Gimmicks kommen zuletzt, wie die Instagram-Bücherecke und die Buchtipp-Wand. Es gibt neben den Bücherregalen auch eine Kalender-Galerie, die mithilfe und in Zusammenarbeit mit dem Athesia Kalenderverlag entsteht. Und natürlich gibt es auch Einzelerscheinungen, die dann an Gemeinschaftsständen ausgestellt werden.
Auf die Frage hin, was denn nun der Unterschied zwischen z.B. der Frankfurter Buchmesse und der Münchner Bücherschau sei, gab Friederike Eickelschulte Antwort, indem sie etwas über die Geschichte der Bücherschau sprach. Nach dem zweiten Weltkrieg kamen die Verleger*innen in München zusammen, um sich gegenseitig ihre Arbeiten und Projekte zu präsentieren. Daraus entwickelte sich dann die Münchner Bücherschau, die Bücher ausstellte, erst nur von Bayerischen Verlagen, dann Deutschlandweit. Die Idee des sich gegenseitig seine Arbeit zu präsentieren, machte der Idee Platz die Bücher der Öffentlichkeit zu präsentieren und die Ausstellung damit auch ganz und kostenlos zu öffnen für jede*n. Und das, ohne zu verkaufen, sondern rein zum Präsentieren und zum Beiwohnen von Lesungen und weiteren Aktivitäten – wobei auch die beiden letzteren Aktivtäten erst später dazukamen. Während also die Buchmesse einen Fokus auf Fachbesucher*innen und den Verkauf hat, geht es wie der Name selbst schon sagt in München um die „Bücherschau“.
Die gibt es im Übrigen seit Corona auch verlängert in Digital unter www.muenchner-buecherschau.de.
Was genau die Aufgabe von Friederike Eickelschulte sei? Das Kuratieren des Veranstaltungsprogramms für Erwachsene… Die ersten Gespräche mit den Verlage finden ab Februar statt und ab Juni werden die ersten Termine festgezurrt. Ende Juli sollte das ganze Programm mit 18 Veranstaltungen stehen. Da geht es um die Autor*innen und Bücher und auch um Honorare. Große Namen zu bekommen ist schwieriger, denn die arbeiten meist mit Agenturen zusammen, die Termine bereits ein Jahr vorher verplanen – der Planungshorizont der Münchner Bücherschau liegt allerdings bei ca. 9 Monaten. Bei manchen Autor*innen funktioniert es aber doch. Zum Beispiel wird dann schon frühzeitig zugesagt, dass di*er Autor*in da sein wird, auch wenn das Buch noch nicht fertig ist.
Bei den Veranstaltungen versucht Friederike Eickelschulte von den klassischen Lesungen wegzukommen. Es braucht weniger frontales Vorlesen als mehr Nähe zum Autor, mehr Gespräch, mehr Interaktion.
Vor Ort, wenn die MBS bereits gestartet ist, geht es bei Friederike Eickelschulte auch um die Autor*innenbetreuung. Wer holt di*en Autorin*en ab? Geht man gemeinsam essen? Vor Ort muss der Raum und die Technik gezeigt werden, ggf. Technik und Bühneneinrichtung vorher angesehen werden. Unbedingt sollte dafür di*er Autor*in eine Dreiviertelstunde vorher am Veranstaltungsort sein.
Die Frage, wie man in einem kleinen Team eine solch riesige Veranstaltung strukturiert, kann keine der beiden anwesenden Damen auf Anhieb beantworten. Das Team funktioniert, weil alle sich gut verstehen und im Hintergrund auch noch ein paar fleißige Kolleginnen im Büro mithelfen und anpacken, wo Not an Frau ist. Und die zweiwöchentlichen digitalen sowie 6-wöchigen Meetings in Person helfen in jedem Fall, damit nichts unter den Tisch fällt oder ggf. frühzeitig wieder auf den Tisch kommt. Was noch? Ein Netzwerk! Das Netzwerk hilft auch und immer dann, wenn‘s besonders kniffelig wird. Darauf war bislang immer Verlass!
Sonja Hahn:
Seit über 10 Jahren mit Begeisterung in der Verlagsbranche tätig und seit August 2019 als Pressereferentin bei ehrlich & anders. Davor Stationen in der Presse- und Lizenzabteilung von C.H.Beck und bei der Penguin Random House Verlagsgruppe – zuletzt für die Verlage Siedler und Penguin Hardcover.
Friederike Eickelschulte:
Die gelernte Buchhändlerin ist seit 2018 für den Börsenverein des Deutschen Buchhandels Bayern im Team der Münchner Bücherschau. Während Corona entwickelte sie die digitale Münchner Bücherschau Plattform und seit 2022 ist sie auch für das Veranstaltungsprogramm für Erwachsene zuständig. Ausgleich findet sie beim Schwimmen, Singen, Diskutieren mit ihren beiden erwachsenen Kindern und weiteren schönen Dingen des Lebens.