CLAUS-Interviews

CLAUS-Interview: Paris-Frankfurt Fellowship

Das Paris-Frankfurt Fellowship ist ein intensives Fortbildungsprogramms. Sein Ziel ist es, ausgewählten jungen deutschen, schweizer und französischen Buchhändlern und Verlagsmitarbeitern zu ermöglichen, neue berufliche, sprachliche und interkulturelle Kompetenzen dank eines Seminares und Verlagsbesuchen zu erwerben.
Anna Anzulewicz war Teil dieses Austauschprogramms und berichtet im Interview mit CLAUS von Ihren Erfahrungen – aus Sicht der Buchhändlerin.

CLAUS: Anna, wie kam es, dass du dich für dieses Austauschprogramm beworben hast?

Anna Anzulewicz: Ich bin über das Börsenblatt oder Facebook darauf aufmerksam geworden, genau weiß ich das nicht mehr. Ich habe mich beworben, weil ich immer schon ein großes Interesse an Französisch hatte. Das war schon in der Schule so. Während meiner Ausbildung zur Buchhändlerin wollte ich eigentlich an ähnlichen Programmen teilnehmen, doch leider hat das nicht geklappt. Die Teilnahme am Frankfurt-Paris Fellowship war für mich also eher eine Verschiebung als eine neue Idee. Ich habe also ein Motivationsschreiben verfasst und meinen Chef nach einem Empfehlungsschreiben gefragt. Der ganze Prozess war unproblematisch und gut kommuniziert.

CLAUS: Und was waren deine Erwartungen an das Programm?

AA: In erster Linie habe ich das Programm als Fortbildung wahrgenommen und daher eine Verbesserung meiner Sprachkenntnisse und Eindrücke aus der Branche sowie Kontakte zu Kollegen erwartet. Ich habe tatsächlich aus den unterschiedlichsten Bereichen Leute kennengelernt und kann die Erfahrung rückblickend als persönlich sehr hilfreich einstufen.

CLAUS: In welcher Hinsicht hat dir das Programm persönlich geholfen?

AA: Es waren einfach sehr viele Eindrücke, die ich während dieser Zeit gesammelt habe und sie haben tatsächlich meinen Horizont erweitert. Außerdem waren wir eine sympathische, motivierte Gruppe und das Miteinander war auch toll. Wir waren insgesamt 14 Teilnehmerinnen, sechs davon aus Frankreich und acht aus Deutschland. Es gab zuerst einen kurzen „Interkulturellen Vorbereitungskurs“ am Mediacampus in Frankfurt und dort halfen uns zwei Sprachlehrerinnen. Wir hatten auch eine Art Tandem-Arbeit, sodass Deutsche und Franzosen zusammen lernen konnten, gerade was die Sprache angeht. Aber nicht nur die Sprachen waren unterschiedlich, sondern auch die Bereich, aus denen die Teilnehmerinnen kamen. So bekam man einen geerdeten, realeren Blick auf die Branche. Außerdem wurden in dem Kurs die Unterschiede aber auch Gemeinsamkeiten der Branche in den beiden Ländern betrachtet. Es gibt zwar viele Ähnlichkeiten, aber beispielsweise gab es kein Wort für „Barsortiment“ im Französischen, da der Zwischenbuchhandel dort anders organisiert ist.

CLAUS: Wie ging es nach dem Vorbereitungskurs weiter?

AA: Wir waren zuerst vier Tage in Deutschland unterwegs und haben Buchhandlungen und Verlage besucht. Frankfurt, Köln und Hamburg. Das ging recht schnell, zum Beispiel waren wir in Köln nur ein paar Stunden. In Frankreich waren wir zwar nur in Paris, der Zeitplan war trotzdem straff und kräftezehrende. Trotzdem war es gut so. Man konnte das alles im Moment gar nicht verarbeiten, das kam erst später.

CLAUS: Wie war dein Eindruck von Paris?

AA: In Paris war mein Eindruck, dass es eine sehr wuselige Stadt ist und es war auch fremd, allein wegen der Sprache. Jetzt ist mir die Stadt allerdings vertrauter und meine Vorstellungen sind gefüllt. Wir haben auch dort wieder Buchhandlungen und Verlage besucht und auch Führungen bekommen. Außerdem haben wir eine Art Barsortiment besucht, das von einem Verlag betrieben wird und in ca. zwei bis drei Tagen die Bücher liefert. Am Wochenende hatten wir frei und haben die Stadt als Gruppe angesehen. Das war besonders interessant, da die französischen Teilnehmerinnen uns ihre Stadt gezeigt haben und wir nicht wie Touristen rumgelaufen sind. Ich habe mir dort auch Shakespear and Company, eine unabhängige Buchhandlung, angesehen und den Eifelturm.

CLAUS: Was war für dich das Highlight des Aufenthaltes?

AA: Eigentlich gibt es kein einzelnes besonderes Erlebnis. Mir sind ganz einfach die vielen verschiedenen Eindrücke im Nachbarland, aber auch der Blick auf die Vielfältigkeit der deutschen Buchbranche im Gedächtnis geblieben. Die deutschen Verlage hatten eben eine vertraute Mentalität und Paris war fremd, aber auch bunter und präsenter. Mein Highlight war also tatsächlich das interkulturelle Erlebnis.

CLAUS: Denkst du, das Austauschprogramm hat dir auch beruflich weitergeholfen?

AA: Ja, ich denke, das hat es auf jeden Fall. Allein das Netzwerk, das man sich in dieser kurzen aber intensiven Zeit aufbauen kann ist beruflich auf jeden Fall hilfreich. Auch wenn wir nur zwei Buchhändler waren, kann man in der Branche generell viele Kontakte knüpfen und kennt beispielsweise auch die Ansprechpartner in den Verlagen. Das Stipendium ist denke ich auch eine gute Investition in die Branche, das konnte ich auch bei anderen Teilnehmerinnen beobachten, weil eben dieses Netzwerk aufgebaut wird. Und persönlich ermöglicht es einen veränderten Blick auf die Branche und den Kontakt zu neuen Menschen. Wie gesagt, unsere Gruppe hat super funktioniert!

CLAUS: Würdest du das Programm weiterempfehlen?

AA: Auf jeden Fall! Vor allem darf man keine Angst haben, das Schulfranzösisch könnte nicht gut genug sein. Die meisten Teilnehmerinnen waren zwar schon davor in Frankreich, aber ich hatte ohne vorherige Auslandserfahrung auch keine Probleme. Manche Verleger beispielsweise versteht man schlechter, aber so ging es auch den Französinnen in Deutschland und jedes Wort muss man auch nicht übersetzen können. Man nimmt einfach so viel aus dieser Erfahrung mit. Und deshalb kann ich die Teilnahme an diesem Austausch nur von Herzen empfehlen.

 

Vielen Dank für das Gespräch, Anna Anzulewicz!