CLAUS-Interviews

CLAUS-Interview: Grünewald Buchtrailer

Milan Grünewald ist diplomierter Medienkünstler (KHM Köln) und selbständiger Buchtrailer Produzent. Mit CLAUS hat er über seinen Weg in die Selbständigkeit, seine Leidenschaft für Text und Bewegtbild und die Entstehung eines Buchtrailers gesprochen.

CLAUS: Auf Ihrer Internetseite buchtrailer.net bieten Sie verschiedene Dienstleistungen von der Buchtrailer-Produktion bis zum Social Media Buch-Marketing an? Würden Sie sagen, Buchtrailer-Produzent beschreibt Ihre Arbeit ganz gut?

Milan Grünewald: Buchtrailer Produzent ist schon ziemlich zutreffend.
Ich erstelle Buchtrailer für Verlage und Autoren. Dabei übernehme ich nicht nur die Konzeption, also das Schreiben des Sprechtextes und des Storyboards, sondern setze den Schnitt und die grafischen Animationen auch selbst um. Bei der Sprechertätigkeit beschränke ich mich natürlich auf die Regie. Das Sprechen selbst überlasse ich den Profis.
Für den glücklichen Fall, dass ich für einen Trailer auch einen Filmdreh organisieren soll, arbeite ich mit einem, mir aus mehreren Aufträgen bekannten und geschätzten, Filmteam.

CLAUS: Selbständiger Buchtrailer-Produzent ist kein Berufsbild mit dem man in der Buchbranche häufig konfrontiert wird. Wie kamen Sie auf die Idee Buchtrailer zu machen und wie kam es dazu, dass Sie sich selbständig gemacht haben?

MG: Ich war tatsächlich „schon immer“ selbständig. Mit 16 gründete ich mit meinem damals schon volljährigen Bruder eine Webdesign GbR. Da haben wir dann zum Beispiel Webseiten für den Malerbetrieb aus dem Ort und ähnliche Kunden gestaltet.
Während meines Studiums an der Kunsthochschule für Medien Köln häuften sich freie Aufträge für unterschiedlichste Kunden. Auch im filmischen Bereich.
Über einen Freund bekam ich dann Kontakt zum Egmont Verlag. Der saß damals noch in Köln und erteilte mir regelmäßig Aufträge. So ergaben sich immer mehr Kontakte in der Buchbranche und ich kam auf die Idee, Buchtrailer zu produzieren. Ein fließender Prozess also.

CLAUS: Ihr Filmteam haben Sie bereits erwähnt. Aber auch ansonsten klingt Ihre Arbeit sehr komplex. Stemmen Sie das alles alleine?

MG: Da jeder Auftrag sehr individuell verläuft, arbeite ich auch mit unterschiedlichen Personen zusammen. Mein Team besteht ausschließlich aus freien Mitarbeitern. Da ich Autoren auch im Social Media Management und der Content Kreation berate, arbeite ich oft mit meiner Frau zusammen. Weiterhin erarbeite ich mit Sprechern gemeinsam die Tonaufnahme oder führe Regie und lasse mein Filmteam einen Realfilm-Dreh umsetzen.
Die meisten Buchtrailer erstelle ich aber tatsächlich selbst. Komplett aus einer Hand.

CLAUS: Wie genau entsteht ein Buchtrailer?

MG: Zuerst sendet mir der Autor oder Verlagsmitarbeiter eine Zusammenfassung des Buchs. Hilfreich ist dann meist noch eine Leseprobe und, wenn vorhanden, Bildmaterial. Ich erstelle dann ein erstes Konzept und einen Sprechtext, der mit dem Kunden abgeklärt wird. Anschließend beauftrage ich den Sprecher und recherchiere online Bildmaterial. Falls der Trailer komplett gedreht werden soll, entfällt diese Recherche. Dann geht der Vorgang über in den Ablauf einer Filmproduktion. Basierend auf stimmiger Musik schneide ich die Videos und erstelle bei Bedarf Animationen. Eine 3D Buchcover Animation füge ich fast bei jedem Trailer am Ende ein.

CLAUS: Wer sind Ihre Kunden?

MG: In den letzten Jahren habe ich für jede Art von Kunden gearbeitet. Vom Verlagshaus, wie zum Beispiel emons, GeraNova Bruckmann, Gmeiner, seinerzeit Egmont bis hin zu Newcomer Autoren. Erfolgreiche Selfpublisher sind natürlich auch dabei. Zuletzt habe ich mit Mila Olsen und Dirk Trost gearbeitet. Vor einiger Zeit mit D.C. Odesza und Jessica Winter. Andreas Suchanek positioniere ich mal irgendwo dazwischen, da er mit Greenlight Press seinen eigenen Verlag führt. Hier und da wenden sich auch Verlagsautoren auf eigene Faust an mich. So ergab sich eine tolle Zusammenarbeit mit Volker Backert oder dem schweizer Autorenduo Mitra Devi und Petra Ivanov.

CLAUS: Wann und warum, denken Sie, ist eine Vermarktung mit einem Buchtrailer sinnvoll?

MG: Beim E-Book verlieren wir die Haptik, die uns beim im Buchladen entdeckten Buch intuitiv anzieht. Bewusst gewähltes Papier, Umschlag und Prägung haben eine Wirkung auf uns, die nur schwer zu beschreiben ist. Online springt der Buchtrailer an diese Stelle. In wenigen Sekunden zieht der Werbefilm den Betrachter in seinen Bann.Videos werden von allen großen Plattformen priorisiert. Das bedeutet, dass zum Beispiel der Facebook-Algorithmus Videoinhalte viel öfter darstellt, als Texte und Bilder. Entscheidet man sich für die Trailerproduktion, sticht man besonders mit einem cineastischen Buchtrailer sehr aus der Masse heraus. Denn auch wenn Videomarketing immer mehr Verbreitung findet, nutzen die meisten nur eine App, drehen eine Szene selbst daheim oder fügen Fotos in einem einfachen Schnittprogramm hintereinander.

Der Leser, der meist Hollywood und Netflix Produktionen gewohnt ist, merkt den Unterschied natürlich auf Anhieb und ist unbewusst von der Qualität des Buchtrailers beeinflusst.

CLAUS: Wo und wie setzen Ihre Kunden die Buchtrailer dann ein?

MG: Buchtrailer können auf verschiedenen Literaturplattformen hochgeladen werden. LovelyBooks bindet sie zum Beispiel auf Nachfrage ein. Der Trailer kann auch direkt auf die Verkaufsseite bei Amazon, Hugendubel, ebook.de und vielen weiteren Buchshops integriert werden. Wie genau das funktioniert, erkläre ich gern auf Anfrage. Außerdem dient er natürlich zur Präsentation auf der eigenen Webseite, auf Messen, YouTube, Facebook, Instagram, Twitter und zukünftigen Social Media Profilen des Autors oder Verlags. Werbung für den Trailer kann über Google oder Facebook Zielgruppen-spezifisch geschaltet werden. Sucht der Autor mit seinem Trailer einen Verlag, können auch Xing oder LinkedIn Werbeanzeigen Sinn machen. Das ist von Fall zu Fall unterschiedlich.

CLAUS: Gibt es einen Auftrag der Ihnen besonders in Erinnerung geblieben ist?

MG: Mir sind natürlich noch sehr viele Buchtrailer im Gedächtnis. Aber mit dem letzten Auftrag von Mila Olsen bin ich sehr glücklich. Die Zusammenarbeit mit der Autorin hat unglaublich Spaß gemacht und ich habe über sie die Sprecherin Anne Düe kennengelernt, die die Worte der Protagonistin aus ihrer Perspektive mit echten Emotionen erfüllt hat.

Den Trailer für die Nachfolgeromane der Entführt-Reihe kann man sich auf meiner Website anschauen: http://buchtrailer.net/buchtrailer-zum-entfuehrt-nachfolger-von-mila-olsen/

CLAUS: Was begeistert Sie an Ihrer Arbeit?


MG: Ich bin sehr glücklich darüber einen Beruf gefunden zu haben, der sich für mich nicht nach harter Arbeit anfühlt. Das liegt einerseits an meiner intuitiven Arbeitsweise und weiterhin daran, dass mir die Buchtrailer Produktion unglaublichen Spaß macht. Ich habe selbst immer viel geschrieben und arbeite derzeit auch an einem neuen Roman. Außerdem habe ich Film studiert. Eine Kombination dieser beiden Leidenschaften gefunden zu haben begeistert mich jeden Tag aufs Neue.

CLAUS: Wie wird sich der Buchtrailer in Zukunft entwickeln? Oder anders gefragt: Ist Buchtrailerproduzent ein Beruf mit Zukunft?

MG: Da wir in naher Zukunft auch in Deutschland echte Datenflatrates fürs Smartphone kriegen werden, steht einem enormen Wachstumsschub der Videowerbung nichts mehr im Wege. Auch unterwegs kann dann ohne schlechtes Gewissen ein Video angesehen werden. Ohne, dass die Geschwindigkeit nach ein paar Filmen gedrosselt wird.
Außerdem rechne ich mit einer Verbesserung der E-Book Reader. Sobald wir echte Tablets haben, deren Displays an die Lesbarkeit von E-Book Readern herankommen, kann direkt auf dem Lesegerät beim Buchkauf ein Buchtrailer angesehen werden.

CLAUS: Text und Bewegtbild sind auf den ersten Blick in ihren Eigenschaften als Medium schon sehr unterschiedlich. In welchem Verhältnis stehen diese Medien zueinander?

MG: Durch die Literatur hat der Film das Erzählen gelernt. Erst durch Literaturverfilmungen konnte er sich zum Inbegriff der Moderne entwickeln.
Von Beginn des Films an wurden Romane, Novellen und Kurzgeschichten für die Leinwand aufbereitet. Kinokritiker haben damals die Literaturverfilmung oft als prinzipielle Verflachung der Vorlage abgetan. Heute gehen wir offener an die verschiedenen Umsetzungen eines Stoffes heran. Zu vielen literarischen Klassikern liegen schon mehrere Verfilmungen vor, deren Bedeutung es natürlich weiter zu diskutieren gilt.

CLAUS: Wo sehen sie die Vor- oder Nachteile dieser beiden Arten des Geschichtenerzählens? Wo sehen Sie die größten Unterschiede?

MG: Ich denke, wir bewegen uns mit der Verfilmung, der Trailer- oder auch Werbespotproduktion und dem Sprechtext, hin zu einer Form der Dichtkunst.
Es gilt, Atmosphäre und Gefühl über alles andere zu setzen. Weniger den vermittelten Fakten gehört die Aufmerksamkeit, sondern, wie in der Lyrik, der Verdichtung von Sprache. Durch den Videotrailer kann der Betrachter erahnen, was er beim späteren Lesen empfinden wird. Es handelt sich im Grunde um ein Versprechen, noch vor Kauf des Buchs.
Anders verhält es sich natürlich bei einem Sachbuch. Hier bediene ich mich dem allseits bekannten Erklärfilm, der dem Zuschauer etwas Neues beibringt und ihn so neugierig auf weitere Inhalte des Buchs macht.

CLAUS: Filme sprechen das Ohr intensiver an als Bücher. Auf was muss man achten, wenn man einem Buch Ton verleiht?

MG: Ich habe schon als Teenager massenweise Gedichte geschrieben. Die dabei erlernte Fähigkeit Sprache zu verdichten findet jetzt in der Entwicklung des Sprechtextes Anwendung. Ich muss tatsächlich zugeben, dass das bei mir sehr intuitiv passiert. Aber es hat bisher jedes Mal ganz wunderbar funktioniert.

 

CLAUS: Vielen Dank für diesen Einblick in Ihre Arbeit.

Zusätzliche Informationen und viele Trailer gibt es hier zu sehen: buchtrailer.net