CLAUS-Interview: Alltag und die Zukunft der BuchhändlerInnen
Das Nachwuchsnetzwerk CLAUS: Wo arbeiten Sie und wie kam es dazu, dass Sie nun im Buchhandel tätig sind?
Franziska Gehringer: Meine Leidenschaft fürs Lesen und zu Büchern wollte ich nach der Schulzeit gerne in meinem Beruf wiederfinden. Erfahrungen im Verkauf haben mir bereits gezeigt, dass mir das Arbeiten mit Menschen viel Freude bereitet, sodass ich nach meinem erfolgreichen Abitur eine Ausbildung in einer Filiale der Buchhandlung Rupprecht beginnen konnte, und nun nach Abschluss der Ausbildung seit fast einem Jahr in dieser Filiale als Buchhändlerin tätig sein darf.
CLAUS: Die Zukunft des Buches ist ein heiß diskutiertes Thema. Wie ist Ihr genereller Zukunftsblick für die Branche? Welche Themen werden zunehmend wichtiger?
FG: Bücher voll Geschichten aber auch Bücher mit geprüften Fakten sind in der heutigen Zeit, ob als Ausgleich zur News-Flut oder zur privaten Freude, unfassbar wichtig. Nur ein guter und sachverständiger Handel kann die notwendige, persönliche und individuelle Beratung sicherstellen, die diesen Büchern und ihren Leserinnen und Lesern gerecht wird. Deshalb sind die Anforderungen an den guten Buchhandel auch in Zukunft aus meiner Sicht vor allem eine umfassende und versierte Beratung.
CLAUS: Buchkäuferstudie und ihre Folgen: Merken Sie einen Wandel im Verhalten der Kunden und haben Sie Konsequenzen daraus gezogen?
FG: Mit meinen bisherigen nur drei Jahren Berufserfahrung fehlt mir hier vermutlich der langjährige Vergleich. Die Digitalisierung hat natürlich Auswirkungen auf das Leseverhalten. Schon allein deshalb, weil die Zeit, die wir mit digitalen Medien verbringen, fürs Lesen fehlt. Gleichzeitig bedauern viele die fehlende Zeit und wünschen sich in unserer schnelllebigen Welt sehnlichst mehr davon zum Lesen. Aber auch hier kommt wieder die qualifizierte Beratung ins Spiel: Es ist wichtig, dass Kunden gute Bücher finden, mit denen sie sich gut informieren können oder gut unterhalten werden. Ebenfalls meine ich eine leichte Tendenz der Kunden zu zum Beispiel günstigeren Taschenbüchern im Vergleich zu hochpreisigen gebundenen Ausgaben feststellen zu können.
CLAUS: „Muttertag“ machte es vor: Wie sehen Sie die Zukunft des Plastikmülls in der Branche?
FG: Die Schutzwirkung der Plastikfolie darf nicht unterschätzt werden, weshalb es sicherlich eine große Aufgabe der Verlage ist einen geeigneten Ersatz vor allem bei hochpreisigen Werken zu entwickeln. Bei der Großzahl an Büchern könnte sicherlich auf die klassische Folierung verzichtet werden, z.B. durch direktes Bedrucken des Einbandes bei Hardcover-Ausgaben, wie es im Kinder- und Jugendbuch bereits teilweise erfolgt. Um auch weiterhin dem Käuferwunsch eines „unbenutzten“ Buches zu entsprechen sind Sigel am Buchrand gewiss eine umweltschonende Umsetzung.
CLAUS: VLBTix und Social Media als neue Vorschauen: Was meinen Sie?
FB: Social Media verändert das Planen von Vorbestellungen immer stärker. Empfehlungen einzelner Influencer oder sehr gut gesteuerte Social Media – Kampagnen können Buchhandlungen binnen kürzester Zeit mit einer Flut von Bestellungen und Kaufanfragen überwältigen, die so nicht vorhersehbar sein können. Das ständige Verfolgen von Social Media und Einschätzen der Auswirkungen würde somit zum Bestandteil unserer Tätigkeiten werden. Klassische Vorschauen und Kataloge empfinde ich als schöne Auszeit von Arbeit am Bildschirm.
CLAUS: Ausbildung Buchhändler: Was hebt diese Berufsbildung von anderen ab?
FG: Fachkundige Beratung setzt fachkundige Berater und Verkäufer voraus. Was in jedem Beruf gilt, gilt genauso auch für Buchhändlerinnen und Buchhändler, sodass die intensive Beschäftigung mit dem Gut „Buch“ und vertieftes Wissen über Literatur während und nach der Ausbildung extrem wichtig und dringend notwendig ist. Sicherlich spielt auch die Leidenschaft für Bücher und Literatur eine große Rolle.
CLAUS: Denken Sie der Buchhandel braucht einen Imagewandel? Wie könnten Buchhandlungen und Verlage dies unterstützen?
FG: In der Branche ist ja schon einiges in Bewegung. In den letzten Jahren ist klar geworden, dass uns nur Qualität in allen Bereichen weiterhilft. Da ist es schon erfreulich, dass beispielsweise die Anzahl der Novitäten zurückgegangen ist, womit die Verlage verstärkt auf Qualität achten. In Zeiten der „Digitalisierung“ und der immer stärkeren Individualisierung muss sich der Buchhandel sicherlich diesem anpassen, um weiterhin bestehen zu können. Durch eine stärkere Betonung der Serviceleistungen um das eigentliche Produkt Buch (z.B. durch Lieferservice oder persönliche Beratung) und einen Ausbau des „Eventcharakters“ um Bücher durch Lesungen, Veranstaltungen zur Leseförderung oder ähnliches sind einige Buchhandlungen aus meiner Sicht bereits sehr aktiv mit dem Imagewandel beschäftigt. Es gibt viele Buchhandlungen, die sich als „kulturellen Treffpunkt“ verstehen, wo buchinteressierte Menschen sich treffen – und das nicht nur während der normalen Ladenöffnungszeiten.